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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 15.02.2005
Aktenzeichen: 6 W 41/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 92 II | |
ZPO § 93 | |
ZPO § 259 | |
ZPO § 307 II a. F. | |
BGB § 652 I 1 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss
6 W 41/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht
In dem Rechtsstreit
hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...
am 15. 2. 2005 beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Beklagten wird das Anerkenntnisurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 1. 12. 2004 (6 O 431/04) im Kostenpunkt abgeändert.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 1.000 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
Die Klägerin macht Ansprüche aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes geltend.
Der Ehemann der Klägerin ist Makler. Er vermittelte den Beklagten die Gelegenheit zum Erwerb eines Erbbaurechtes und zum Kauf des Grundstücks, auf dem das Erbbaurecht eingetragen war. Die Beklagten schlossen den Vertrag hinsichtlich des Erbbaurechts am 28. 11. 2003 ab; der Kaufpreis betrug 53.000 €. Der Grundstückskaufvertrag wurde am 2. 9. 2004 abgeschlossen; der Kaufpreis betrug 104.000 €.
Mit Schreiben vom 23. 3. 2004 rechnete der Ehemann der Klägerin seine Provision von 5 % zuz. MWSt in Höhe von 9.106 € ab. Die Beklagten korrigierten die Rechnung ausgehend von einer
"Berechnungsgrundlage gem. Vertrag § 16 53.000 € abzgl. Kaufpreis Garage (Eigentum W...) 2.500 € 50.500 €"
auf einschließlich MWSt 2.929 €. Die Zahlung dieses Betrages machten sie in ihrem Erwiderungsschreiben vom 28. 3. 2004, dem die korrigierte Rechnung beigefügt war, von mehreren Bedingungen abhängig, zahlten jedoch auf anwaltliche Mahnung den von ihnen angekündigten Betrag am 14. 4. 2004. Mit Schreiben vom 19. 8. 2003 mahnte der Ehemann der Klägerin den Restbetrag der Rechnung an; die Beklagten zahlten nicht.
Mit den Beklagten Ende September 2004 zugestellter Klage vom 18. 8. 2004 verlangte die Klägerin, die sich die Ansprüche ihres Ehemannes aus dem Maklervertrag mit den Beklagten hat abtreten lassen, den ihrer Auffassung nach offenen Restbetrag von 6.177,00 € nebst Verzugszinsen von den Beklagten als Gesamtschuldnern. Die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten bestellten sich mit Schriftsatz vom 7. 10 2004 und kündigten an, die Beklagten würden sich gegen die Klage verteidigen. Mit Schriftsatz vom 27. 10. 2004 erkannten sie unter Hinweis darauf, dass die noch offene Maklerforderung erst mit Abschluß des Grundstückskaufvertrages am 2. 9. 2004 entstanden sei, für die Beklagten die Klageforderung ohne Verzugszinsen unter Verwahrung gegen die Kostenlast an. Nachdem die Klägerin den Zinsantrag zurückgenommen hatte, erging Anerkenntnisurteil, in dem den Beklagten als Gesamtschuldnern die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden, weil nach Auffassung des Landgerichts die Beklagten nach Abgabe der Verteidigungsanzeige die Klageforderung nicht mehr "sofort" im Sinne des § 93 ZPO anerkennen konnten.
Gegen den Kostenausspruch des Anerkenntnisurteils wenden die Beklagten sich mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie meinen, sie hätte entgegen der Auffassung des Landgerichts die Klageforderung sofort anerkannt. Die Verteidigungsanzeige stehe dem nicht entgegen.
Die Beklagten beantragen,
wie beschlossen zu entscheiden. Die Klägerin beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Begründung der Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
I. Die zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die Kosten des Rechtsstreits waren gem. §§ 93, 92 II ZPO der Klägerin aufzuerlegen. Denn die Beklagten haben nur in geringfügigem, nach § 92 II ZPO vernachlässigungswürdigen Umfang Anlaß zur Klage gegeben (1). Sie haben weiter die Klageforderung, soweit sie nicht Anlaß zur Klageerhebung gegeben haben, im Sinne des § 93 ZPO "sofort" anerkannt (2)
(1) Am Anlaß zur Klageerhebung fehlt es, soweit die Klägerin ihre Klageforderung aus dem Nachweis des am 2. 9. 2004 abgeschlossenen Grundstückskaufvertrages ableitet.
Was unter dem Begriff "Anlaß zur Klageerhebung" zu verstehen ist, ergibt sich aus dem der Kostenverteilungsregelung der ZPO zugrundeliegenden Rechtsgedanken. Dieser besagt, dass derjenige die Kosten des Rechtsstreits tragen muß, der sie verursacht hat. Das ist in der Regel der Unterliegende, in dem durch § 93 ZPO geregelten Sonderfall aber der Obsiegende, der ohne Notwendigkeit Klage erhoben hat. Anlaß gibt deshalb derjenige, der trotz Mahnung nicht leistet, von sich aus ernsthaft und endgültig die Leistung verweigert oder sich sonst in einer Weise verhält, dass der Anspruchsberechtigte aus seinem Verhalten schließen muß, er werde nur im Klagewege seinen Anspruch durchsetzen können.
Im vorliegenden Fall befanden sich die Beklagten weder bei Klageeinreichung noch bei Klagezustellung im Verzuge mit der von ihnen geschuldeten Provisionszahlung.
Zwar hat der Ehemann der Klägerin die Provisionsforderung bereits mit Schreiben vom 14. 4. 2004 angemahnt. In Verzug sind die Beklagten durch diese Mahnung jedoch nicht gekommen, weil sie unwirksam war. Denn die wirksame Mahnung setzt nach allgemeiner Auffassung (vgl. BGH 77, 64) Fälligkeit der Forderung voraus, die Provisionsforderung des Ehemannes der Klägerin ist jedoch gem. § 652 I 1 BGB erst mit Abschluß des Grundstückskaufvertrages am 2. 9. 2004; entstanden und folglich frühestens zu diesem Zeitpunkt fällig geworden.
Die Beklagten haben auch nicht die Zahlung der auf den Grundstückskaufvertrag entfallenden Provision endgültig und ernsthaft verweigert.
Zwar haben die Beklagten die Provisionsrechung vom 23. 3. 2004 zunächst auf einen Betrag von 2.929 € korrigiert und nur insoweit Zahlung angekündigt. Dass sie darüber hinaus keine weitere Provision wegen des noch abzuschließenden Grundstückskaufvertrages zahlen würden, ergibt sich hieraus aber nicht. Vielmehr konnte der Ehemann der Klägerin aus dem ausdrücklichen Hinweis der Beklagten auf § 16 des mit der Klageschrift eingereichten Vertrages über den Erwerb des Erbbaurechts, der allein die Provision hinsichtlich dieses Vertrages regelt, nur entnehmen, dass zunächst nur die auf diesen Vertrag entfallende Provision gezahlt werden sollte.
Ein Fall, in dem gem. § 259 ZPO auf zukünftige Leistung hätte geklagt werden dürfen, lag gleichfalls nicht vor. Denn das vorgerichtliche Verhalten der Beklagten rechtfertigte aus den vorgenannten Gründen nicht die Besorgnis, dass die Beklagten sich der rechtzeitigen Leistung der auf den Grundstückskaufvertrag entfallenden Provision entziehen würden
(2) Das Anerkenntnis der Beklagten ist auch "sofort" im Sinne des § 93 ZPO erfolgt. Auch dieses Tatbestandsmerkmal ist vor dem Hintergrund des oben aufgezeigten Rechtsgedankens zu verstehen, dass derjenige die Kosten tragen soll, der sie verursacht. Sofort anerkennt nur derjenige, der nach Klageerhebung so rechtzeitig anerkennt, dass weitere Kosten des Rechtsstreits nicht entstehen. Das ist geschehen. Zwar haben hier die Beklagten nach Klageerhebung noch ihre Prozeßbevollmächtigten beauftragt, wodurch Kosten entstanden sind. Diese Kosten hat jedoch die Klägerin durch ihre anlaßlose Klage verursacht. Denn die Beklagten konnten sich der Kostenlast über § 93 ZPO nur dadurch entziehen, dass sie das Anerkenntnis abgaben, für das sie sich jedoch, weil es sich um eine Prozeßerklärung im Anwaltsprozeß handelte, der Hilfe eines postulationsfähigen Anwalts bedienen mußten.
Dass die Beklagten zunächst im schriftlichen Verfahren eine Verteidigungsanzeige abgegeben haben, steht der Sofortigkeit ihres Anerkenntnisses nicht entgegen. Denn die Verteidigungsanzeige stellt eine formalisierte Prozeßerklärung dar, die lediglich die gesetzlich eindeutig bestimmte Folge hat, dass Versäumnisurteil - mit der Kostenfolge für den Verurteilten - nicht ergehen kann. Dass der die Verteidigungsbereitschaft anzeigende Beklagte dem Klageanspruch auch sachlich entgegentreten werde, kann der Erklärung dagegen nicht entnommen werden. Die entgegenstehende, früher herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, die sich im wesentlichen auf § 307 II a. F. ZPO stützte, ist durch den Wegfall dieser Vorschrift obsolet geworden.
II. Die Wertfestsetzung für das Verfahren der sofortigen Beschwerde beruht auf §§ 12 GKG a. F., 3 ZPO; sie berücksichtigt den Umfang der Kostenlast, den die Beklagten mit der sofortigen Beschwerde haben abwenden wollen.
III. Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, weil in Literatur und Rechtsprechung zur Frage, ob trotz Verteidigungsanzeige ein nachher erfolgendes Anerkenntnis noch als "sofort" angesehen werden kann, unterschiedliche Auffassungen bestehen und die Frage höchstrichterlich noch nicht abschließend entschieden worden ist.
Ende der Entscheidung
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